DJG – Deutsch – Japanisches Glück (Teil 3)

Ein Bericht unseres Mitglieds Jürgen Maeno, der mit seiner Familie in die kleine Stadt Nio auf Shikoku verzogen ist

Nun ist die Sakura-Blüte vorbei. Der kleine Ölofen wird in den Keller gestellt und, wo es nötig ist, die Gazefenster ausgebessert.

Die vielen Insekten aus dem Haus fernzuhalten, wird zur täglichen Herausforderung. In den Gassen der Stadt duftet es wieder nach den unterschiedlichsten Räucherstäbchen. Die Bauern bestellen ihre Felder. Am Wegrand steht üppig das Gestrüpp. Frisches Grün in Bäumen spendet frohen Lebensmut. Zu dem Gesang der Vögel gesellen sich die ersten Rufe der Semi (Zikade). Dieses penetrante Zirpen – der Soundtrack der asiatischen Sommermonate. Mancherorts wehen die großen Koinobori (Karpfenfahne). Sie geben der Landschaft noch bis zum 5. Mai den japanischen Stempel. Dann haben die Jungs ihren Feiertag. Nach der Golden Week wird die kalte Jahreszeit endgültig abgestreift sein und das große Schwitzen kann beginnen.

Das Leben in der japanischen Provinz ist schon quirlig. Jedes Wochenende gibt es im Umkreis von 20 Kilometern ein Festival: Burgfest, Kimonofest, Hafenfest, Strandfest, Modefest, Tanzfest, Firmenfeste und diverse Sport- und Stadtfeste. An diversen Ständen werden Leckereien angeboten. Da gibt es in Kagawa durchaus auch deutsche Qualitätswurst oder israelische Falafel. Mit Michael aus Jerusalem habe ich mich angefreundet. Besonders gefallen uns die letzten Programmpunkte auf den kleinen Bühnen. Freunde des Karaoke-Gesangs plärren ins Mikrofon. Unverzüglich leert sich das Gelände.

Ganz andere Töne gab es in unserer kleinen Stadt Nio. Aus Berlin brachte ich das Konzept der Open Stage in die kleine Kneipe „minna de brewery“ (Brauerei für alle). Also treffen sich 12 Musiker aus West-Kagawa, um sich gegenseitig ihr Programm vorzustellen. Den Opener macht die Irish-Folkband Olive Brand. Der Laden füllt sich. Vincent aus Charlottenburg, der ebenfalls letztes Jahr mit Frau und Kind nach Kagawa kam, bringt Michael vom Falafel-Foodtruck mit. Für die japanischen Musiker, bekommt ihr Auftritt unerwartet ein internationales Flair. Antonio aus Italien, 73 Jahre, greift sich meine Gitarre und gibt zwei Evergreens. Mit ein paar Liebesliedern beende ich einen schönen Abend. Beseelt laufen wir durch unser pittoreskes Städtchen nach Hause. Die Wirklichkeit ist wieder realer als Fernsehen, Internet und Smartphone. Der Frühling ist da. Der Sommer kommt. Zeit rauszugehen. Zeit für die japanische Provinz.